9.11.2024
16:00
9. Salon des Instituts für Kunst und Sprache
Mit Wiebke Trunk
Flucht - Kunst - Sprache
Aneignung-Verschiebung Teil 1
Café Senorita Ploff, Wedding
Anmeldung für den Salon bitte per E-Mail
vergangen
14.9.2024
8. Salon des Instituts für Kunst und Sprache
bei Matthias Esch (ME) im Atelier
und
warum der Salon politisch ist
Worum es bei der Frage des Politischen grundsätzlich geht:
Es geht um das Aushalten von Fremdheit, Resthaftigkeit, Differenz.
„Es geht sich nicht aus“. (sagt die Österreicherin). Nicht ohne Rest.
Es geht darum, dass man etwas nicht sofort versteht und es fremd bleiben darf / soll.
… denn das hätten die Populisten gerne, dass alles restlos aufgeht. Sauber! Rein! Nicht verschmutzt. Her mit der klaren Sprache, mit der entschieden wird. Getrennt, definiert, Ende der Diskussionen. Halt an der Grenze. Stopp.
Die (Strukturale) Psychoanalyse (z.B. Jacques Lacan) kennt das Problem. Sie bzw. ihre Vertreter_innen spricht / sprechen von „Unmöglichkeit“.
Sh. die 3 Ü: Übersetzung, Überlieferung, Übertragung (Michael Wimmer) - alle drei haben elementar mit Resthaftigkeit, Unübersetzbarkeit, Unkontrollierbarkeit zu tun.
Lehre hat etwas Unmögliches.
Kommunikation auch.
Sprache auch. Sie ist selbst nicht rein und restlos.
Politisch tätig sein, hat auch etwas Unmögliches, weil man nie weiß, wie es ankommt und ausgeht. Sigmund Freud sprach von den drei „Unmöglichen Berufen“: lehren, regieren, analysieren - sie verbindet die Ungewissheit.
Es geht darum, Ungewissheit auszuhalten.
Sie zu wenden, handlungsfähig zu bleiben.
Z.B. Beim Kunstmachen.
Konkret:
Wir sind im Atelier von ME.
Überall stehen Bilder. Schön, eigenartig, rätselhaft. Es ist sehr aufgeräumt hier. Wir sind von Farben und Struktur-Mustern eingekreist.
Zu Beginn, noch bevor alle da sind, fangen wir an, uns über die anwesenden Bilder zu unterhalten. ME erzählt, wie sie entstanden sind, spricht von Hintergründen, verbessert sich sogleich, indem er den Begriff Untergründe verwendet, und dann einigt er sich mit sich selbst auf den Begriff Schichten.
Da gibt es eine unterste Schicht abstrakter Malerei - manchmal sehr wild - und auf diese wird gezeichnet, mit bestimmten Fett-Stiften, streng und regelmäßig. Und dann wird das Entstandene bearbeitet. Eine sichtlich zeitaufwändige, schweißtreibende, mühsame Tätigkeit, die, wie ME wiederholt, auch jemand anderer machen könnte. Warum diese Mühe. ME verschiebt die Antwort auf das Zeigen von noch mehr Bildern: Aquarellen in der Schachtel gestapelt.
Es gibt viel zu tun, sagt ME. Er müsse das machen. Er lehnt sich zurück, hebt den Kopf: Der Zwang zum Handeln (= Malen) krümmt seinen Körper.
Hier ist Kraft und Zartheit zugleich - wie auf den Bildern.
Wir sehen es respektvoll und verstehen: der Maler muss!
Sofort sieht man übrigens an der Frage Hintergründe oder Untergründe oder eben Schichten, wie schwierig es ist, in der Sprache einen Ort zu finden wo das alles hingehört, wo es so präzise bleibt wie Bilder und Absicht, wo es „passt“. Bei seinem Aufenthalt in Glasgow habe er Wittgenstein studiert, erzählt ME, der ja bekanntlich davon ausging, dass Sprache nicht alles kann. Die Grenze ist da: „Was gezeigt werden kann, kann nicht gesagt werden“. Deutlich wurde (für ME) die Notwendigkeit sich sprachlich zu äußern und Sprache zu integrieren, als Teil des Prozesses.
Später fragen wir ME, ob er seinen Bildern Titel gibt. ME bejaht und zeigt ein Bild mit drei Kreisen, dem er den Titel „Familie“ (so die Erinnerung) gab. Man hat den Eindruck, als würde ME mit der Sprache / dem Namen / der Be-Zeichnung einen Punkt setzen, dann ist endgültig oder vorübergehend ein Prozess angehalten. Um gleich wieder zu beginnen.
ME erhält sich seine Handlungsfähigkeit, indem er die Ebene wechselt. Auch Sprechen (oder Schweigen) ist potentiell Handlungsfähigkeit.
Das ist politisch: handlungsfähig bleiben. Und nicht in der Genauigkeit / im Forschen / Herausfindenwollen nachgeben. Es gibt zu tun! Es ist meine Notwenigkeit. Ich bringe es auf die Welt.
Wir sitzen mitten im Ergebnis - und das beeindruckt.
In seiner Eigenständigkeit, Rätselhaftigkeit, Konsequenz. Weiter.
Ich erlebe, durch das Sprechen, das Teilen der Wahrnehmung, rücken mir übrigens sowohl die Bilder, als auch die anderen näher. Die Bezüge und Verbindungen verändern sich ununterbrochen. Kein Ende abzusehen, nur Unterbrechungen.
Eva Sturm, 2024
7. SALON für Kunst und Sprache
Mittwoch, 26.6.2024,18:00
Cafe Senorita Ploff, Wedding
Im Gespräch mit Ursula Rogg.
Thema: Objekte/Zeichnungen etc. „unbestimmter Art“.
Es zeigt sich:
Ursula Rogg ist Spezialistin dafür, Personen „an Grenzen“ in Situationen zu verwickeln, welche den Leuten selbst überraschend neu sein müssen (>…den Menschen die Wunder zeigen, die sie selbst vollbringen können…< ES):
Sie realisiert/e das
• in Berlin mit Schüler_innen an Gymnasien in sozialen Brennpunkten, in einer unerhörten Parallelgesellschaft (Publikation Ursula Rogg: Nord-Neukölln. Ein Frontbericht aus dem Klassenzimmer. Berlin 2008).
• In München an der Kunstakademie, mit Künstler_innen, die einmal z.B. an Schulen arbeiten wollen.
Ursula Rogg hört nicht auf, zu fragen: Was ist das, was machen wir da, wie kommen wir wohin: ästhetisch sprechend, handelnd, rezipierend? Sie betrachtet jede Idee, jede Wortmeldung im Gespräch wie einen Wurm, der lebt und sich krümmt… Sie hält den Wurm in die Höhe, so dass alle mitsprechen können: Was kann dieser Wurm (diese Frage), was sagt uns das etc.
Die Fragen bilden sich, entstehen aus singulären Lebenszusammenhängen, aus spezifischen Situationen. Alles wird untersucht, fortgesetzt. Mit großem Respekt und Aufmerksamkeit und voller Anerkennung. Schau, >was sich zeigt< (ES)
Ursula Rogg hat für den Salon 7 Dinge mitgebracht, die sie vor uns ausbreitet und befragt. Steine, eine Zeichnung von Schülerhänden mit Künstlern realisiert, Bücher mit ethnologischen Abbildungen etc.
Derzeit stellt sie/sich die Frage, wie man Gebildetes zeigen kann, ohne den Weg zum Entstehungs- bzw. Herstellungsprozess abzuschneiden bzw. unsichtbar zu machen.
Sie hat, um dies zu zeigen und zu erproben mit den Studierenden der Akademie in München eine Pyramide als Raumkonstruktion entwickelt. In der Spitze befinden sich die „Werke“ (laut Marcel Duchamp ohnehin eine Fiktion). Darunter die Objekte auf dem Weg zum „Werk“. Manche „Werk“-Teile sind an die umliegenden Wände gewandert. „Parallelentwicklungen“, notiert Ursula Rogg. „Ideen stehen im Raum“.
Dabei bleibt die Frage unbeantwortbar - und muss genau deshalb immer wieder verhandelt und entschieden werden -: Was ist „ausstellbar“ bzw. „zeigenswert“ (wenn ohnehin >alles ausstellbar ist< (PR))
>Kunst entsteht beim Zeigen< (MB) und auch durch die Rezipient_innen (HS). Der/die Betrachter-innen sind Zeugen. Etwas ereignet sich vielleicht: Etwas paßt. Gleichzeitig ist die „Einzigartigkeit“ von Kunst als Konstante Quatsch. >Eine Sprache muss gefunden werden, dabei kann Sprache auch immer zerstören< (HS). „Neue Dogmen, neuer Schließungen, neue Einschreibungen“ können entstehen, womöglich.
Der Wert der Frage ist mitunter, offen gehalten zu werden. (E.S.)
6. Salon für Kunst und Sprache
Dienstag 16.4.2024 18:00
]oqbo[.raum für bild wort ton
Thema. Erst gucken, dann sprechen
Anfangs unterhielten wir uns länger darüber, ob es möglich sein könnte, auch gesprochene Sprache durchzustreichen oder ob dies nur für Schrift gültig sein kann. Die Mitglieder des IfKudS baten um eine metaphorische Sichtweise. Nie/wie „paßt“ es jemals restlos.
Es folgte der Auftrag, sich die künstlerischen Arbeiten anzusehen und erst dann zu sprechen - paarweise, in Gruppen - gemäß der Devise des Abends: erst gucken, dann reden. Der Impuls wurde konsequent nicht befolgt. Es wurde sofort gesprochen. Es gab keine Unterbrechung der Rede, kein Schweigen. Warum? Was bahnt sich so den Weg?
Schnell war deutlich, daß vor allem Künstler_innen anwesend waren, denen sowohl der Ort als auch die Hersteller_innen mancher Arbeiten gut bekannt waren.
Es folgte ein längerer Austausch in der ganzen Runde. Dabei zeigt sich, dass in den Zwiegesprächen vor/zu den künstlerischen Arbeiten überwiegend präzise beschrieben wurde und dass überdies subjektive Assoziationen viel Raum hatten, die auch im gemeinsamen Gespräch hinterher aufgenommen wurden.
Die spannende und herausfordernde Frage war in der Folge, ob man sich selbst beim Sprechen zusehen wollte. Wie langweilig/ungewöhnlich/ungewollt das war, zeigte sich in dem mehrfach geäußerten Wunsch, man hätte doch lieber einen „richtigen“ Vortrag gehört. "Solche Bildgespräche führen wir Künstler ja täglich, das ist unser tägliches Brot, wo sind die neuen Erkenntnisse?" Kritik schwang mit, Enttäuschung wurde direkt geäußert. Zugleich zeigte die Reflexion der Gespräche eine sehr intensive individuelle Auseinandersetzung mit den Arbeiten. Auffällt, dass kein Urteil fällt. Das ist bemerkenswert.
Bemängelt wurde daß das Sprechen in einem erlesenen Kreis eines gebildeten Publikums stattfand, daß keine_r aus dem angemessen gemäßigten Sprechen zu Kunst ausbreche, den Rahmen spränge - alle sprächen brave, akademische, kontrollierte Verbalsprache.
Einer der Teilnehmer bemerkte rückblickend, daß wir den ganzen Abend nirgendwo Bedeutung generiert hätten.
5. Salon für Kunst und Sprache
Dienstag, 5.3.2024 um 18 Uhr
Wir tauschten uns aus zum Thema: Wie reden über Kunst?
Ort: Café Señorita Ploff, Eulerstr. 9a, 13357 Berlin
Die Gespräche waren dicht, heftig, reich, auch schmerzlich. Wir differenzierten unser Verständnis von „wertschätzender Kommunikation“ einerseits -
Stichwort „Höflichkeit“, Stichwort „Scham“, Stichwort „differenzierte, feine Versprachlichung“, Stichwort „Fragilität“, Stichwort „Ich mache Kunst und mache mich nackig“, Stichwort „Kritik“ als Wertschätzung u.a.m.
und sprachen uns andererseits - für Kritik und wertendes Sprechen über Kunst/künstlerische Arbeiten aus.
Länger war vom Umgang mit Arbeiten der Künstler_innen in Aus-Bildung die Rede. Daraus entstand die Idee, sich im 8. Salon für Kunst und Sprache eingehend mit einer bestimmten Art der Feedbackkultur in Holland (Institut für Performance und Kunst, Amsterdam) zu beschäftigen, in der es eher um Aktivierung, denn um Werkbesprechung (und- Werkbewertung) geht [Ursula Rogg].
4. Salon für Kunst und Sprache
Freitag, 5. Januar 2024, 18:00
in der Ausstellung „in the coherence, we weep“
von KAMEELAH JANAN RASHEED
Preis für künstlerische Forschung der Schering Stiftung 2022
KW Kunstwerke Berlin
Auguststraße 69
D-10117 Berlin
https://www.kw-berlin.de
Anschließend Gespräch im Hummus & Friends, Oranienburger Straße 27, ab 19:15 Uhr
(http://hummus-and-friends.com/)
3. Salon für Kunst und Sprache
Dienstag, 21. November 2023, 18:00 Uhr
mit MARKUS BINNER
„und gibs hin“
Markus Binner macht unfertige Arbeiten, die andere fortführen. Oft entwickelt er sie mit anderen zusammen. Häufig gibt es zu essen. Ob die Arbeiten dabei real, gesprächsweise, imaginär, kooperativ fortgeführt werden ist je nach Arbeit spezifisch. Wie auch die Wahl der Medien: Straßenfeste, Bücher, Ausstellungen, Videos, Buffets, Parties, Essen, Kochen, Rezepte.
Er hat in Köln Afrikanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert und in Hamburg Freie Kunst bei Franz-Erhard Walther und Michael Lingner. Lebt in Berlin.
www.markusbinner.de
Der Salon fand in der Einzelausstellung von Markus Binner in der koch/kunst/galerie Zagreus projekt, Brunnenstrasse 9a, 10119 Berlin, statt.
www.zagreus.net
Für Interessierte wurde aus dem Menü zur Ausstellung gereicht:
„Geschmierter Gang“.
2. Salon für Kunst und Sprache
Donnerstag, 28. September 2023, 18:00
mit MANUEL KIRSCH
„Das Ende der Sprache gibt es nicht (durchgestrichen)“
Ort: Café Señorita Ploff, Wedding
Eulerstraße 9 A, 13357 Berlin
Manuel Kirsch ist Bildender Künstler, Hochschullehrer, Kurator, betreibt seit 2016 gemeinsam mit Marlene Zoe Burz und Björn Streeck den Projektraum SOX auf der Oranienstraße, lebt in Berlin.
(Foto: anschließendes Gespräch in der „OFFSIDE Pub & Whisky Bar“, Jülicher Str. 4, Berlin-Wedding)
1. Salon für Kunst und Sprache:
Freitag, 2.06.2023, 18 Uhr
[ Sprecherin: Eva Sturm „Überwältigung (durch Sprechen) oder Dekonstruktion" ]
Ort: Café Señorita Ploff
Eulerstraße 9 A, 13357 Berlin
Auftaktveranstaltung:
25. 3. 2023 Haus Bastian, Berlin
Vortrag Eva Sturm >Kunst und Sprache<
Workshop mit Wiebke Trunk und Nanna Lüth >Das ist kein Alpenveilchen<
Vorarbeiten für Format 1 Salon für Kunst und Sprache
[ Vortrag im Download ]
Vor-Veranstaltung:
1. 7. 2022 Leuphana Universität, Lüneburg
Statement Eva Sturm: Start Format 3 („How would ... do it?“)
(hier: „How would Pierangelo Maset do it?“)