11. SALON für Kunst und Sprache
R u n d g a n g und I m p u l s v o r t r a g
mit Dr. Stefanie Zobel
>„Mit Worten die Welt verändern. Ein rassismuskritisches Alphabet“ (Tupoka Ogette): Ein begehbares Glossar<
Rundgang und Impulsvortrag zur Ausstellung im Kontext kuratorischer Projekte zeitgenössischer Kunst mit Bezug zu Formen von Wissensspeichern in Büchern und Archiven
In:
Brot für Die Welt
Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
Caroline-Michaelis-Strasse 1
10115 Berlin
Treffen am Eingang
Anmeldung für den Salon bitte per E-Mail.
vergangen
9.1.2025
10. Salon des Instituts für Kunst und Sprache
Museen sind mächtige Wissensproduktionsorte. In ihnen wird permanent darum gekämpft, wer bestimmt, welches Wissen überhaupt artikuliert werden darf, wem zugehört wird, was tradiert werden soll.
Dieser Kampf um den Wissenskanon bzw. um Gewissheit stellt sich immer her. Und das ist sehr politisch. Denn hier regelt sich, wer eine Stimme hat.
Wir wollen mit „Multaka“ im Bodemuseum Berlin Kunst sehen. Ein weiterer Versuch in unsereren Forschungen zum Verhältnis von Kunst und Sprache schlauer zu werden.
(https://multaka.de/)
Und es ist eine Fortsetzung der Unternehmungen von Wiebke Trunk (9.Salon), welche in der Gemäldegalerie Berlin mit Geflüchteten Bildbetrachtungen realisierte, in denen diese sogenannte ‚Zielgruppe‘ erleben sollte /erlebte, dass die ausgestellten Kunstwerke auch für sie von Relevanz sein können. Hier wurden Hierarchien durcheinander gebracht. (Flucht - Kunst - Sprache. Aneignung Verschiebung Teil 1)
Später stellen wir fest, der Termin im Bodemuseum wurde eine Gelegenheit zur Untersuchung von Vor-Urteilen und Begrifflichkeiten/Zuschreibungen:
(Flucht - Kunst - Sprache. Aneignung Verschiebung Teil 2)
Ein Geflüchteter von „Multaka“ sollte uns durch hohes Kulturgut „führen“, gesammelt in Berlin. „Multaka“ richtet sich - und dies muss man bedenken - nicht weisse Deutsche wie wir, sondern an Geflüchtete aus dem arabischen Kultur-Raum. Führungssprache ist Arabisch. Es geht in dem Projekt um Ankommen hier, um Selbstaneignung und Selbstermächtigung, um Austausch von Geschichten und Erfahrungen.
Unser Führer, er stellt sich als Kenan vor, spricht ausgezeichnet Deutsch und ist Architekt und Musiker. Er erklärt uns die Sichtachsen und Baukörper des Museums und die Gründe, warum wo was zu sehen ist. Im architektonischen Zentrum des Gebäudes singen wir, von ihm angeleitet. Am Ende der Führung, als uns die Stimme aus dem Lautsprecher und das Aufsichtspersonal dringend darauf hinweist, dass das Museum gleich schliessen wird, zeigt uns Kenan das „wichtigste Kunstwerk im Europäischen Raum“ - eine byzantinische Kuppel mit Goldmosaik aus Ravenna (Kirche San Michele in Africisco) aus dem 6. Jahrhundert. Wir fragen uns später, wer bestimmt / festschreibt, dass dies da wichtigste Kunstwerk im Bodemuseum sei.
Anschließend, im Restaurant, lädt uns Kefah Ali Deeb, die Gründerin von Multaka alle ein, nach Damaskus zu kommen. Ihr primäres Interesse an Multaka sei der Austausch.
Alle Führer seien von dem jeweiligen Museum (es sind mittlerweile vier) „geschult“ - das heißt in den herrschenden Wissenskanon eingeführt worden - und jede_r gestalte seine/ihre Führung dem biografischen Hintergrund entsprechend anders. Es ginge immer um das Gespräch…das Publikum spricht entscheidend mit.
Text: Eva Sturm 2025
9.11.2024
9. Salon des Instituts für Kunst und Sprache
Mit Wiebke Trunk
Flucht - Kunst - Sprache.
Aneignung - Verschiebung
Teil 1
Wir haben es wesentlich mit drei Diskursen zu tun im Institut für Kunst u d S.
Dem kunsthistorischen Diskurs,
dem Diskurs in der Kunst und
dem Diskurs der Kunstvermittlung.
außerdem mit allen Diskursen im Dazwischen und im Geschichteten (z.B. wenn Künstler_innen als Kunstvermittler_innen etc. arbeiten)
Jeder der drei Diskurse ist von Theorie und Wissenschaft begleitet und von selbigen durchquert, durch sie hervorgebracht, sprachlich verhandelbar gemacht.
Mischformen garantiert. Hochseilakte im Dazwischen.
Interessenskonflikte, Machtstrukturen (unangenehm) wirksam. Immer.
Einer der wirkmächtigsten Räume in diesem Gewebe ist die Institution Museum. Dahin gehen alle drei: Kunsthistoriker_innen, Künstler_innen, Kunstvermittler_innen.
Und dann gibt es noch das Publikum - Profis, Laien und alle Zwischenformen.
Wiebke Trunk (WT), Kunsthistorikerin, Künstlerin (ausgebildete Bühnenbildnerin, Zeichnerin) und Kunstvermittlerin - also von allen drei Diskursen berührt bzw. betroffen - , in Oldenburg an der Universität lehrend, schlägt vor, die Blickrichtung um 180 Grad zu drehen: nicht (schützenswerte) Objekte samt zugehörigen, abgesicherten Diskursen sollen nach ihrem Vorschlag im Mittelpunkt stehen, sondern
das Publikum.
Sie bezieht sich auf den Museologen und Kunsthistoriker Gottfried Fliedl, der immer auf der Jagd ist nach Bildern und Stellen im Museum/in Ausstellungen, an denen sich zeigt, wie Inszenierungen und Diskurse sich selbst unterlaufen (https://museologien.blogspot.com/ , 11.11.2024).
Und sie bezieht sich auf Carmen Mörsch und deren Vorschlag, Museen zu dekonstruieren und zu transformieren.
Denn auch der Ruf nach dem Publikum ist genauer zu befragen: Wer will hier - wem - was und warum.
WT schrieb in der Vorbereitung auf den Termin im Cafe S. Ploff:
„ich könnte mir vorstellen, dass es darum geht, verständlich zu machen, dass das, was in europäischen Museen zu sehen ist, "benutzt" werden sollte. Will sagen - es geht um das gemeinsame Lesen und Besprechen von Kunst und Kultur; ohne Expertise als unbedingte Zugangsvoraussetzung. Damit gilt´s, den Kunstbegriff als historischen/gesellschaftspolitischen Bildungsbegriff aus seiner Selbstverständlichkeit auszulösen und die damit verbundene systemische Wertungslogik abzulösen durch Neugier/Fragen/Anregung/das Sprechen-drüber etc.“
Wir sitzen im Cafe S. Ploff vor einer Wand behängt mit Fotokopien von Gemälden aus der Berliner Gemäldegalerie.
Weil: WT und Eva Sturm hatten wiederholt im Jahr 2019 die Gemäldegalerie Berlin mit Menschen besucht, die u.a. aus Syrien und Aserbaidschan geflüchtet waren und diese gegen den „Strich“ benutzt: Das heißt, nicht der tradierte Diskurse sollten im Mittelpunkt stehen, sondern die Menschen mit ihren spezifischen Wahrnehmungen und Geschichten. Das Publikum.
Davon berichtet sie.
Rembrandt zum Beispiel: „Der Menonitenprediger Anslo und seine Frau, 1641.“:
Ein Mann aus Aserbaidschan (ein so genannter „Geflüchteter“) liest: Er ist Poet, liest ihr vor, sie ist schwanger, hat geweint.
WT läßt das Bild nachstellen, dreht die Geschlechter-Rollen um.
Im „Führer“ (dem Katalog) kann man hingegen im abgesicherten „hegemonialen“ Diskurs erfahren: Er ist Prediger, das Taschentuch ist eines der Indizien für Reichtum.
Beides ist interessant: die Geschichte des Mannes, der Text im schriftlichen Führer. Aber wie ist es mit der (umhinterfragten) Vormachtstellung?
WT thematisiert an dem Termin 2019 immer wieder ihre Sprach-Unkenntnis. Sie kann nicht Arabisch, nicht Farsi etc. Im Cafe S. Ploff schildert sie ihre Erinnerung an die Besuche und ihr Unwohlsein in ihrer Rolle als Vermittlerin. Das rührte daher, dass die Macht des kunsthistorischen Diskurses nicht auf das Publikum ausgerichtet ist und schon gar nicht von diesem ausgeht - deshalb die Forderung der 180 Grad Wende. Die Zeit der dominanten ausschließenden Diskurse ist vorbei. Wie sähe also so eine Einrichtung aus, die inklusiv agiert? Welche Möglichkeiten der Auseinandersetzung ergeben sich dadurch konkret? Wie wäre es logistisch und inhaltlich umsetzbar, wenn ein Haus ausschließlich das Publikum berücksichtigen würde?
„Flucht - Kunst - Sprache.
Aneignung - Verschiebung.“
Wir kommen (natürlich) zu keinem Ende (außer zu der Erkenntnis, daß die Sache äußerst kompliziert ist - wie man auch an den Wortmeldungen im Salon sieht) -, aber zu dem Plan, uns anzusehen, wie sogenannte „Geflüchtete“ selbst in Berliner Museen (z.B.Kunst) vermitteln: Multaka.
Kopfzerbrechen und Widersprüchlichkeiten garantiert.
Eva Sturm, 2024 (mit besonderem Dank an WT)
14.9.2024
8. Salon des Instituts für Kunst und Sprache
bei Matthias Esch (ME) im Atelier
und
warum der Salon politisch ist
Worum es bei der Frage des Politischen grundsätzlich geht:
Es geht um das Aushalten von Fremdheit, Resthaftigkeit, Differenz.
„Es geht sich nicht aus“. (sagt die Österreicherin). Nicht ohne Rest.
Es geht darum, dass man etwas nicht sofort versteht und es fremd bleiben darf / soll.
… denn das hätten die Populisten gerne, dass alles restlos aufgeht. Sauber! Rein! Nicht verschmutzt. Her mit der klaren Sprache, mit der entschieden wird. Getrennt, definiert, Ende der Diskussionen. Halt an der Grenze. Stopp.
Die (Strukturale) Psychoanalyse (z.B. Jacques Lacan) kennt das Problem. Sie bzw. ihre Vertreter_innen spricht / sprechen von „Unmöglichkeit“.
Sh. die 3 Ü: Übersetzung, Überlieferung, Übertragung (Michael Wimmer) - alle drei haben elementar mit Resthaftigkeit, Unübersetzbarkeit, Unkontrollierbarkeit zu tun.
Lehre hat etwas Unmögliches.
Kommunikation auch.
Sprache auch. Sie ist selbst nicht rein und restlos.
Politisch tätig sein, hat auch etwas Unmögliches, weil man nie weiß, wie es ankommt und ausgeht. Sigmund Freud sprach von den drei „Unmöglichen Berufen“: lehren, regieren, analysieren - sie verbindet die Ungewissheit.
Es geht darum, Ungewissheit auszuhalten.
Sie zu wenden, handlungsfähig zu bleiben.
Z.B. Beim Kunstmachen.
Konkret:
Wir sind im Atelier von ME.
Überall stehen Bilder. Schön, eigenartig, rätselhaft. Es ist sehr aufgeräumt hier. Wir sind von Farben und Struktur-Mustern eingekreist.
Zu Beginn, noch bevor alle da sind, fangen wir an, uns über die anwesenden Bilder zu unterhalten. ME erzählt, wie sie entstanden sind, spricht von Hintergründen, verbessert sich sogleich, indem er den Begriff Untergründe verwendet, und dann einigt er sich mit sich selbst auf den Begriff Schichten.
Da gibt es eine unterste Schicht abstrakter Malerei - manchmal sehr wild - und auf diese wird gezeichnet, mit bestimmten Fett-Stiften, streng und regelmäßig. Und dann wird das Entstandene bearbeitet. Eine sichtlich zeitaufwändige, schweißtreibende, mühsame Tätigkeit, die, wie ME wiederholt, auch jemand anderer machen könnte. Warum diese Mühe. ME verschiebt die Antwort auf das Zeigen von noch mehr Bildern: Aquarellen in der Schachtel gestapelt.
Es gibt viel zu tun, sagt ME. Er müsse das machen. Er lehnt sich zurück, hebt den Kopf: Der Zwang zum Handeln (= Malen) krümmt seinen Körper.
Hier ist Kraft und Zartheit zugleich - wie auf den Bildern.
Wir sehen es respektvoll und verstehen: der Maler muss!
Sofort sieht man übrigens an der Frage Hintergründe oder Untergründe oder eben Schichten, wie schwierig es ist, in der Sprache einen Ort zu finden wo das alles hingehört, wo es so präzise bleibt wie Bilder und Absicht, wo es „passt“. Bei seinem Aufenthalt in Glasgow habe er Wittgenstein studiert, erzählt ME, der ja bekanntlich davon ausging, dass Sprache nicht alles kann. Die Grenze ist da: „Was gezeigt werden kann, kann nicht gesagt werden“. Deutlich wurde (für ME) die Notwendigkeit sich sprachlich zu äußern und Sprache zu integrieren, als Teil des Prozesses.
Später fragen wir ME, ob er seinen Bildern Titel gibt. ME bejaht und zeigt ein Bild mit drei Kreisen, dem er den Titel „Familie“ (so die Erinnerung) gab. Man hat den Eindruck, als würde ME mit der Sprache / dem Namen / der Be-Zeichnung einen Punkt setzen, dann ist endgültig oder vorübergehend ein Prozess angehalten. Um gleich wieder zu beginnen.
ME erhält sich seine Handlungsfähigkeit, indem er die Ebene wechselt. Auch Sprechen (oder Schweigen) ist potentiell Handlungsfähigkeit.
Das ist politisch: handlungsfähig bleiben. Und nicht in der Genauigkeit / im Forschen / Herausfindenwollen nachgeben. Es gibt zu tun! Es ist meine Notwenigkeit. Ich bringe es auf die Welt.
Wir sitzen mitten im Ergebnis - und das beeindruckt.
In seiner Eigenständigkeit, Rätselhaftigkeit, Konsequenz. Weiter.
Ich erlebe, durch das Sprechen, das Teilen der Wahrnehmung, rücken mir übrigens sowohl die Bilder, als auch die anderen näher. Die Bezüge und Verbindungen verändern sich ununterbrochen. Kein Ende abzusehen, nur Unterbrechungen.
Eva Sturm, 2024
7. SALON für Kunst und Sprache
Mittwoch, 26.6.2024,18:00
Cafe Senorita Ploff, Wedding
Im Gespräch mit Ursula Rogg.
Thema: Objekte/Zeichnungen etc. „unbestimmter Art“.
Es zeigt sich:
Ursula Rogg ist Spezialistin dafür, Personen „an Grenzen“ in Situationen zu verwickeln, welche den Leuten selbst überraschend neu sein müssen (>…den Menschen die Wunder zeigen, die sie selbst vollbringen können…< ES):
Sie realisiert/e das
• in Berlin mit Schüler_innen an Gymnasien in sozialen Brennpunkten, in einer unerhörten Parallelgesellschaft (Publikation Ursula Rogg: Nord-Neukölln. Ein Frontbericht aus dem Klassenzimmer. Berlin 2008).
• In München an der Kunstakademie, mit Künstler_innen, die einmal z.B. an Schulen arbeiten wollen.
Ursula Rogg hört nicht auf, zu fragen: Was ist das, was machen wir da, wie kommen wir wohin: ästhetisch sprechend, handelnd, rezipierend? Sie betrachtet jede Idee, jede Wortmeldung im Gespräch wie einen Wurm, der lebt und sich krümmt… Sie hält den Wurm in die Höhe, so dass alle mitsprechen können: Was kann dieser Wurm (diese Frage), was sagt uns das etc.
Die Fragen bilden sich, entstehen aus singulären Lebenszusammenhängen, aus spezifischen Situationen. Alles wird untersucht, fortgesetzt. Mit großem Respekt und Aufmerksamkeit und voller Anerkennung. Schau, >was sich zeigt< (ES)
Ursula Rogg hat für den Salon 7 Dinge mitgebracht, die sie vor uns ausbreitet und befragt. Steine, eine Zeichnung von Schülerhänden mit Künstlern realisiert, Bücher mit ethnologischen Abbildungen etc.
Derzeit stellt sie/sich die Frage, wie man Gebildetes zeigen kann, ohne den Weg zum Entstehungs- bzw. Herstellungsprozess abzuschneiden bzw. unsichtbar zu machen.
Sie hat, um dies zu zeigen und zu erproben mit den Studierenden der Akademie in München eine Pyramide als Raumkonstruktion entwickelt. In der Spitze befinden sich die „Werke“ (laut Marcel Duchamp ohnehin eine Fiktion). Darunter die Objekte auf dem Weg zum „Werk“. Manche „Werk“-Teile sind an die umliegenden Wände gewandert. „Parallelentwicklungen“, notiert Ursula Rogg. „Ideen stehen im Raum“.
Dabei bleibt die Frage unbeantwortbar - und muss genau deshalb immer wieder verhandelt und entschieden werden -: Was ist „ausstellbar“ bzw. „zeigenswert“ (wenn ohnehin >alles ausstellbar ist< (PR))
>Kunst entsteht beim Zeigen< (MB) und auch durch die Rezipient_innen (HS). Der/die Betrachter-innen sind Zeugen. Etwas ereignet sich vielleicht: Etwas paßt. Gleichzeitig ist die „Einzigartigkeit“ von Kunst als Konstante Quatsch. >Eine Sprache muss gefunden werden, dabei kann Sprache auch immer zerstören< (HS). „Neue Dogmen, neuer Schließungen, neue Einschreibungen“ können entstehen, womöglich.
Der Wert der Frage ist mitunter, offen gehalten zu werden. (E.S.)
6. Salon für Kunst und Sprache
Dienstag 16.4.2024 18:00
]oqbo[.raum für bild wort ton
Thema. Erst gucken, dann sprechen
Anfangs unterhielten wir uns länger darüber, ob es möglich sein könnte, auch gesprochene Sprache durchzustreichen oder ob dies nur für Schrift gültig sein kann. Die Mitglieder des IfKudS baten um eine metaphorische Sichtweise. Nie/wie „paßt“ es jemals restlos.
Es folgte der Auftrag, sich die künstlerischen Arbeiten anzusehen und erst dann zu sprechen - paarweise, in Gruppen - gemäß der Devise des Abends: erst gucken, dann reden. Der Impuls wurde konsequent nicht befolgt. Es wurde sofort gesprochen. Es gab keine Unterbrechung der Rede, kein Schweigen. Warum? Was bahnt sich so den Weg?
Schnell war deutlich, daß vor allem Künstler_innen anwesend waren, denen sowohl der Ort als auch die Hersteller_innen mancher Arbeiten gut bekannt waren.
Es folgte ein längerer Austausch in der ganzen Runde. Dabei zeigt sich, dass in den Zwiegesprächen vor/zu den künstlerischen Arbeiten überwiegend präzise beschrieben wurde und dass überdies subjektive Assoziationen viel Raum hatten, die auch im gemeinsamen Gespräch hinterher aufgenommen wurden.
Die spannende und herausfordernde Frage war in der Folge, ob man sich selbst beim Sprechen zusehen wollte. Wie langweilig/ungewöhnlich/ungewollt das war, zeigte sich in dem mehrfach geäußerten Wunsch, man hätte doch lieber einen „richtigen“ Vortrag gehört. "Solche Bildgespräche führen wir Künstler ja täglich, das ist unser tägliches Brot, wo sind die neuen Erkenntnisse?" Kritik schwang mit, Enttäuschung wurde direkt geäußert. Zugleich zeigte die Reflexion der Gespräche eine sehr intensive individuelle Auseinandersetzung mit den Arbeiten. Auffällt, dass kein Urteil fällt. Das ist bemerkenswert.
Bemängelt wurde daß das Sprechen in einem erlesenen Kreis eines gebildeten Publikums stattfand, daß keine_r aus dem angemessen gemäßigten Sprechen zu Kunst ausbreche, den Rahmen spränge - alle sprächen brave, akademische, kontrollierte Verbalsprache.
Einer der Teilnehmer bemerkte rückblickend, daß wir den ganzen Abend nirgendwo Bedeutung generiert hätten.
5. Salon für Kunst und Sprache
Dienstag, 5.3.2024 um 18 Uhr
Wir tauschten uns aus zum Thema: Wie reden über Kunst?
Ort: Café Señorita Ploff, Eulerstr. 9a, 13357 Berlin
Die Gespräche waren dicht, heftig, reich, auch schmerzlich. Wir differenzierten unser Verständnis von „wertschätzender Kommunikation“ einerseits -
Stichwort „Höflichkeit“, Stichwort „Scham“, Stichwort „differenzierte, feine Versprachlichung“, Stichwort „Fragilität“, Stichwort „Ich mache Kunst und mache mich nackig“, Stichwort „Kritik“ als Wertschätzung u.a.m.
und sprachen uns andererseits - für Kritik und wertendes Sprechen über Kunst/künstlerische Arbeiten aus.
Länger war vom Umgang mit Arbeiten der Künstler_innen in Aus-Bildung die Rede. Daraus entstand die Idee, sich im 8. Salon für Kunst und Sprache eingehend mit einer bestimmten Art der Feedbackkultur in Holland (Institut für Performance und Kunst, Amsterdam) zu beschäftigen, in der es eher um Aktivierung, denn um Werkbesprechung (und- Werkbewertung) geht [Ursula Rogg].
4. Salon für Kunst und Sprache
Freitag, 5. Januar 2024, 18:00
in der Ausstellung „in the coherence, we weep“
von KAMEELAH JANAN RASHEED
Preis für künstlerische Forschung der Schering Stiftung 2022
KW Kunstwerke Berlin
Auguststraße 69
D-10117 Berlin
https://www.kw-berlin.de
Anschließend Gespräch im Hummus & Friends, Oranienburger Straße 27, ab 19:15 Uhr
(http://hummus-and-friends.com/)
3. Salon für Kunst und Sprache
Dienstag, 21. November 2023, 18:00 Uhr
mit MARKUS BINNER
„und gibs hin“
Markus Binner macht unfertige Arbeiten, die andere fortführen. Oft entwickelt er sie mit anderen zusammen. Häufig gibt es zu essen. Ob die Arbeiten dabei real, gesprächsweise, imaginär, kooperativ fortgeführt werden ist je nach Arbeit spezifisch. Wie auch die Wahl der Medien: Straßenfeste, Bücher, Ausstellungen, Videos, Buffets, Parties, Essen, Kochen, Rezepte.
Er hat in Köln Afrikanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert und in Hamburg Freie Kunst bei Franz-Erhard Walther und Michael Lingner. Lebt in Berlin.
www.markusbinner.de
Der Salon fand in der Einzelausstellung von Markus Binner in der koch/kunst/galerie Zagreus projekt, Brunnenstrasse 9a, 10119 Berlin, statt.
www.zagreus.net
Für Interessierte wurde aus dem Menü zur Ausstellung gereicht:
„Geschmierter Gang“.
2. Salon für Kunst und Sprache
Donnerstag, 28. September 2023, 18:00
mit MANUEL KIRSCH
„Das Ende der Sprache gibt es nicht (durchgestrichen)“
Ort: Café Señorita Ploff, Wedding
Eulerstraße 9 A, 13357 Berlin
Manuel Kirsch ist Bildender Künstler, Hochschullehrer, Kurator, betreibt seit 2016 gemeinsam mit Marlene Zoe Burz und Björn Streeck den Projektraum SOX auf der Oranienstraße, lebt in Berlin.
(Foto: anschließendes Gespräch in der „OFFSIDE Pub & Whisky Bar“, Jülicher Str. 4, Berlin-Wedding)
1. Salon für Kunst und Sprache:
Freitag, 2.06.2023, 18 Uhr
[ Sprecherin: Eva Sturm „Überwältigung (durch Sprechen) oder Dekonstruktion" ]
Ort: Café Señorita Ploff
Eulerstraße 9 A, 13357 Berlin
Auftaktveranstaltung:
25. 3. 2023 Haus Bastian, Berlin
Vortrag Eva Sturm >Kunst und Sprache<
Workshop mit Wiebke Trunk und Nanna Lüth >Das ist kein Alpenveilchen<
Vorarbeiten für Format 1 Salon für Kunst und Sprache
[ Vortrag im Download ]
Vor-Veranstaltung:
1. 7. 2022 Leuphana Universität, Lüneburg
Statement Eva Sturm: Start Format 3 („How would ... do it?“)
(hier: „How would Pierangelo Maset do it?“)